Ilka Schneider

In meinen Bildern entwerfe ich abstrakte Räume aus chinesischer Tusche und Unmengen von Wasser. In dieses Chaos werfe ich automatisch erzeichnete Wesen, die oft nicht in der Lage zu sein scheinen, darin zu bestehen. Ich begreife meine Arbeit als syndetisch, was heißt, dass ich Dinge hinzufüge, ohne zu unterscheiden oder zu analysieren, was wichtig ist. Oder besser. Oder richtig. Dieser uneindeutiger Ansatz ist ein Angebot an den/die Betrachter*in zur eigenen Interpretation oder auch nur zur emotionalen Verbindung mit dem Bild.
Die Verwendung von chinesischer Tusche spiegelt für mich das Leben selbst wieder. Einmal aufgetragen, kann sie nicht mehr übermalt werden. Es ist, was es ist. Ich kann versuchen, etwas zu verstecken oder aufzuhübschen, aber es wird durchscheinen. Wie im Leben, muss ich damit leben. Das viele Wasser, das im Arbeitsprozess zum Einsatz kommt, erweitert den Bildraum um Zufälligkeit und Chaos.
Und doch behandele ich meine Wesen, die keine normativen Erwartungen hinsichtlich Schönheit, Gender und Fähigkeit erfüllen, mit Zärtlichkeit, Neugier und Humor. Sie helfen mir das Unsichtbare und Versteckte zu erforschen. Die Angst vor der Bodenlosigkeit, das Gefühl von Überwältigung, der Schreck vor dem Fall, die Zähigkeit angesichts zahlloser Zumutungen, die Unbeholfenheit in unbekannten Situationen. Und die Scham, die das alles umgibt.
